Die Zukunft der CV-Afrika-Hilfe
-Ausblick und Initiativen-
Vortrag von Diakon Hans Gerd Grevelding anlässlich der Übernahme
des Vorsitzes der CV-Afrika-Hilfe am 9. Juli 2005
Als die CV-Afrika-Hilfe am 6. Januar 1972 dem Afrikatag und Dreikönigsfest
in Köln von unserem Cartellbruder Pfarrer Edmund Dillinger ins Leben gerufen
wurde, knüpfte er hier an eine gute Tradition an. Bereits 1888 hatte Domkapitular
Dr. Hespers hier in Köln den Afrikaverein der deutschen Katholiken gegründet,
durch den die Missionsorden, die in den deutschen Kolonien in Afrika tätig
waren, finanziell unterstützt wurden.
Die Fügung wollte es, dass auch an einem 6. Januar des Jahres 1889 in
München der erste Kameruner getauft wurde. Der Freisinger Mohr ziert das
Wappen der Erzbischöfe von München und Freising. Die heiligen drei
Könige (unter ihnen auch ein Afrikaner) schlagen von Köln aus eine
spirituelle Brücke in die ganze Welt. In diesem Jahr kommen unter ihrem
Motto "Wir sind gekommen, um Ihn anzubeten" Jugendliche aus aller
Welt nach Köln, um hier mit dem neuen Papst Benedikt XVI., in dessen Papstwappen
der Freisinger Mohr zu entdecken ist, den Weltjugendtag zu feiern. Mit der Wahl
seines Namens knüpft unser Heiliger Vater an Papst Benedikt XV - den Friedenspapst
- an, der sich nach dem ersten Weltkrieg vergeblich bemüht hat, Versöhnung
mit den Besiegten zu erreichen und die deutschen Priester in den ehemaligen
deutschen Kolonien in Afrika zu belassen.
Die CV-Afrika-Hilfe fördert bewusst kleine Projekte in Afrika, um dort
präsent zu sein, wo sich Menschen verloren und verlassen fühlen.
Wir wollen dort eine Hilfe zur Selbsthilfe anbieten, wo sie erwünscht und
umsetzbar ist. Gern unterstützen wir die Stärkung der Eigenver-antwortlichkeit
und die Hilfe zur Linderung von Krankheit und Not.
Mit den von uns unterstützten afrikanischen Projekten soll ein Stück
Hoffnung zurückkehren, damit die Menschen weiter motiviert werden, ihre
Intelligenz und Arbeitskraft für eine gelingende Zukunft einzu-
setzen. Hilfe zur Selbsthilfe, diesem Leitbild folgt die CV-Afrika-Hilfe auch
in der Zukunft.
Um Entwicklungen nachhaltig zu fördern, müssen folgende Faktoren
in der Gesellschaft unterstützt werden: Friede, Stabilität, Verkehrs-mittel,
Gesundheit und Bildung. Der Schwerpunkt unserer Projekte liegt daher in der
Förderung der Bereiche Gesundheit und Ausbildung.
Die CV-Afrika-Hilfe ist eine Hilfe unserer Studenten für afrikanische
Studenten. Letztere können im Bereich Ausbildung von uns Jahresstipendien
hier oder in ihrer Heimat erhalten, um sich auf ihre Abschlüsse (Examen
oder einen Berufsabschluss) vorzubereiten. Darüber hinaus werden wir auch
weiterhin die Förderung von Schulen und Ausbildungsstätten vor Ort
übernehmen, wie wir dies bei dem Schulneubau für 2000 Schüler
in der Diözese Mbalmayo in Kamerun mit Erfolg getan haben.
Um die Hilfe von Studenten für Studenten zu unterstreichen, erinnere ich
an die Sammelaktionen der Staufia in der Adventszeit, in der die Activitas mit
der Sammelbüchse in der Hand treppauf treppab unterwegs war und für
unsere Projekte gesammelt hat. Zuwendungen auf Grund runder Geburtstage, besonderer
Feiern oder Beerdigungen,
Einmalspenden aus der Altherrenschaft sowie Spenden der Firmen sind jederzeit
willkommen und über unsere Spendenquittungen steuerlich absetzbar.
Momentan liegen uns einige Projektanträge vor, über die wir bei unserer
nächsten Sitzung beraten werden. Hierzu gehört die Modernisierung
eines Sprachlabors des St. Thomas von Aquin Gymnasiums in Bafoussam/Kamerun
genauso wie die Ausstattung eines Colleges in Wineba/Ghana mit Computern und
Servern.
Eine weitere Gruppe junger Ordensbrüder leistet Hilfe zur Selbsthilfe,
indem sie Straßen- und Waisenkindern Hausaufgabenhilfe anbietet und ihnen
ein Dach über dem Kopf gibt. Die religiöse Unterweisung fehlt ebenfalls
nicht. Kirche ist in Afrika "in". Sie ist der Hoffnungsträger
schlechthin. Wenn nichts mehr geht, über Kirche lässt sich immer etwas
bewegen.
Erst letzte Woche wurde uns die Beteiligung an einem Großprojekt angeboten,
bei dem es um das Aufstellen von 1000 Solarkochern geht, um die Abholzung der
Wälder in Afrika einzudämmen. Damit wird die Hoffnung verbunden, in
Schulen und Frauengruppen Kochkurse anzubieten, in denen der Umgang mit den
Solarkochern erlernt werden soll. Vielleicht gelingt es uns hierdurch Augenerkrankungen
zu verringern, die durch die erhebliche Rauchentwicklung in den Küchen
der Frauen auftreten. Gleichzeitig soll eine Aufforstung finanziert werden.
Beide Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass die Emissionswerte reduziert
werden.
Weltweit werden jährlich 9 Milliarden Tonnen Rohöl verbraucht. Hiervon
entfallen 70 % auf die OECD-Staaten. Die Entwicklungs-länder müssen
demnach mit verbleibenden 30 % auskommen. Die Bevölkerung dieser Länder
behilft sich durch das Verbrennen von Holz. Fast 70 % des Energieverbrauchs
wird durch den Brennstoff Holz gedeckt. Schätzungen gehen heute davon aus,
dass sich der Energieverbrauch in den kommenden 25 Jahren verdoppeln wird.
Die Zahlen machen deutlich, dass in Zukunft Projekte, die auf Solar-energie
und auf Aufforstungsprogramme setzen in Zusammenarbeit mit Schulen und NGO´s
von uns gefördert werden müssen.
Diese Art der Projekte berührt auch immer den Bereich Gesundheit. Mit
dem Schwerpunkt Gesundheit verwirklichen wir auch zukünftig die Gründungsidee
der CV-Afrika-Hilfe. Sie alle wissen, dass wir mit dem Bau der Leprastation
im Bistum Mbalmayo in Kamerun den Grundstein zur Afrika-Hilfe gelegt haben.
Selbst heute ist diese Krankheit noch lange nicht besiegt. Zurzeit gibt es weltweit
678 Leprakrankenhäuser, wo 817.321 Leprakranke behandelt werden. Die Anzahl
der Neuerkrankungen beträgt in Afrika 48.248, in Amerika 39.939 und in
Asien 520.633 Personen.
Wir werden auch weiterhin in der Förderung von Krankenhäusern, sei
es durch Bauzuschüsse oder der Finanzierung von medizinischen Ausrüstungen
und Medikamenten, Schwerpunkte unseres Engagements setzen, solche Projekte initiieren
und maßgeblich fördern, mit denen sich auch ein Spender identifizieren
kann. Als gemeinnützige Organisation im Cartellverband sind wir stets auf
Spenden angewiesen und deshalb können und wollen wir uns dem Spendenverhalten
der Cartellbrüder nicht entziehen. Die Bereitschaft zu spenden, wird im
hohen Maße davon geprägt, ob sich der Spender mit dem Hilfeprojekt
identifizieren kann. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Spendenbereitschaft
der Menschen nach der Tsunamikatastrophe.
Die CV-Afrika-Hilfe setzt sich auch für die Änderung des Afrika-bildes
in unseren Köpfen ein. In den Medien werden immer noch zu viele Klischees
bedient, die mit Afrika und seinen Menschen zu tun haben.
Wenn wir heute von den 3 Ks Afrikas sprechen, meint man: Katastrophen, Krankheiten
und Kriege. Diese Sicht der Dinge hat eine lange Tradition, die wir verändern
wollen, indem wir ein 4. K für Kirche hinzufügen. Kirche steht für
das Prinzip gelebter Nächsten-liebe, der wir uns im Cartellverband besonders
verpflichtet fühlen.
Ich möchte Ihnen, meine sehr verehrten Zuhörer, ein paar Klischees
und Vorurteile über Schwarzafrika und seine Bewohner in der Entstehung
ihrer Geschichte vorstellen.
Im 12. Jahrhundert werden Afrikaner "schwarze Teufel" genannt. In
den Auseinandersetzungen mit den Sarazenen spricht man von "schrecklichen
Wilden". Im 15. Jahrhundert wandelt sich der Afrikaner in den europäischen
Palästen zum Statussymbol des "Kammermohren". In der Kleidung
der damaligen Zeit hat der Sarotti-mohr der Schokolade bis heute überlebt.
Im 16. Jahrhundert mutierte der Afrikaner zum "primitiven Neger".
Er wurde Sklave, Handels-ware, Tauschobjekt und Arbeitstier. Im 17. Jahrhundert
wurde er verwissentschaftlicht und auf ihn der Begriff der Rasse erstmals angewandt.
Ihm wurden von Wissenschaftler Wesenseigenschaften zugeschrieben wie: boshaft,
faul, nachlässig. Den Afrikanern wurden die bürgerlichen und allgemeinen
Menschenrechte abgesprochen. Er wurde zum "Vorzeigeneger". Anderseits
wurde er in der Zeit der aufkeimenden enttäuschten Fortschrittshoffnungen
auch zum "edlen Wilden" stilisiert, indem man ihn als Mitbringsel
aus Afrika mitbrachte und ihn in Völkerschauen, Zirkussen und Tierparks
(Zoo), als "halbnackte Wilde" den Europäer vorstellte.
Manche der Denkweisen und Traditionen gelten bis heute ungebro-chen weiter.
In Augsburg hat im Juni dieses Jahres eine große Afrikaausstellung im
Zoo stattgefunden, zu der Afrikaner zum Verkauf ihrer Waren aber auch zum Tanzen
und Trommeln eingeladen wurden, was mich doch sehr an die Völkerschau der
Kolonialzeit erinnert hat.
In den Medien finden wir Begriffe wie "Krisenkontinent Afrika" oder
"Armenhaus der Welt". Die Fernsehsendungen Europas und Amerikas bedienen
diese Vorurteile in der Hauptsendezeit ihrer Programme. Objektive Berichterstattung
über Afrika erfolgt meistens tagsüber oder zu nachtschlafender Sendezeit.
Auf diese Weise werden Stereotype verfestigt und mit der Berichterstattung über
die Situation im Sudan und im Kongo bestätigt. Afrika hat mit einem Negativ-Image
zu kämpfen, dem wir als CV-Afrika-Hilfe ganz entschieden entgegen treten
wollen und werden.
Selbst in den großen Missionswerken werden immer noch Bilder zu Spendenaufrufen
verwendet, die uns Mütter mit hungernden oder bettelnden Kindern zeigen,
ganz so als ob ganz Afrika hungern würde.
Mir sagte einmal ein Bischof aus Kamerun nach dem Besuch einer Hilfsorganisation:
"Warum zeigt ihr nicht die Bilder unserer Erfolge? Warum reduziert ihr
Afrika nur auf seine Misserfolge?"
Ich habe in Afrika Diözesen besucht, in denen Internetcafes, Druckereien
und Schreinereien die Gelder erwirtschaften, mit denen die Pastoralarbeit finanziert
wird.
Durch die Finanzierung vieler Projekte wollen wir dazu beitragen, dass Afrika
durch die CV-Afrika-Hilfe positiv dargestellt wird. Die vorab benannten Projekte,
die mit dem Sprachlabor, dem Computer-kurs und dem Sozialengagement für
Straßen- und Waisenkinder zu tun haben, zeigen, dass Afrika längst
auf unserem Niveau angekom-men ist.
Unsere Arbeit wird nicht allein von mir, dem Vorsitzenden der Afrikahilfe geleistet.
Mir steht ein erfahrener Vorstand zur Seite, dem die Cartellbrüder Michael
Fander (Churtrier Ctr) als stellvertretender Vorsitzender, Alexander Kirsch
(Thuringia Th) als Schriftführer und Johannes Thul (Churtrier Ctr) als
Schatzmeister angehören. Sie sind Jurist, Steuerberater und Diplomgeograph,
die ihre berufliche Erfahrung und das Interesse Ihrer Verbindung an Afrika seit
vielen Jahren ehrenamtlich einbringen. Ja, das muss an dieser Stelle einmal
öffentlich gesagt werden, jeder Cent, den wir als Spende erhalten, geht
in die Projekte nach Afrika. Bei uns gibt es keine Verwaltungskosten und unsere
Besuche in Afrika bezahlen und bezahlten wir immer aus dem eigenen Portemonnaie.
Es ist für mich eine große Freude, dass wir zum Abschluss des Wechsels
der Leitung und dieser Akademie einen Festgottesdienst feiern können, der
vom Protektor der CV-Afrika-Hilfe, Herrn Weihbischof Dr. Dick zelebriert wird.
Wir wollen ganz bewusst, unsere Aktivitäten für Afrika unter den Schutz
Gottes stellen.
Die Menschen in Afrika benötigen Zeichen der Hoffnung. Vielleicht gelingt
es den Politikern des G 8-Gipfels sich zu einem Schuldenerlass für Afrika
durchzuringen. Dies wäre ein weiterer Schritt, die Menschen in Afrika nachhaltig
in die internationale Solidargemein-schaft zu integrieren. In einem Klima des
Wandels wollen auch wir projektbezogene, individuelle und identifikationsfähige
Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Ich wünsche mir, für unsere gemeinsame
Arbeit als CV-Afrika-Hilfe des deutschen Cartellverbandes ein solches Hoffnungszeichen
zu werden. Wir können nicht überall sein, aber überall ein bisschen
mehr. Daher unsere Bitte an die Studenten und Alten Herren in unserem Cartellverband:
Unterstützen Sie uns wie bisher oder vielleicht sogar ein bisschen mehr!
Köln, den 9. Juli 2005